Auf dem Weg nach Rio de Janeiro


Reisebericht Brasilien



Einreise & Motorradimport:

Detaillierte Infos zu Einreisebestimmungen sowie zum temporären Fahrzeugimport findest du in unseren Länderinfos & Reisetipps Südamerika

 

Route:

Imbituba - Palhoca - Sao Jose - Florianopolis - Lagoa da Conceicao - Florianopolis - Joinville - Garuva - Matinhos - Morretes - Porto de Cima - Cajati - Registro - Peruibe - Itanhaem - Cubatao - Bertioga - Vila Itagua - Sao Sebastiao - Ubatuba - Trindade - Paraty - Mangaritiba - Rio de Janeiro

 

Die Route auf der Google Karte dient der Übersicht und zeigt im Großen und Ganzen unsere gefahrene Strecke, im Detail kann es aber zu Abweichungen kommen.

 
Gefahrene Kilometer von Burghausen: 

96.082 Km

Spritpreis: 

0,90 € (90 Oktan mit 30 % Ethanol)

Währung: 

Brasilianischer Real

 

Probleme mit den Motorrädern:

- Füllstandsensor Tank gewechselt (Dicke Rosi)

- Reserveleuchten gelötet (Dicke Rosi)

 

Stürze/ Umfaller:

- 1x Bea

Gesundheit/ Verletzungen: -


 

 

Als unser Wecker um 7 Uhr klingelt, erwachen wir aus einem recht erholsamen Schlaf, doch wir haben leider keine Zeit unser tolles Hotelzimmer so richtig zu genießen, denn die Straße ruft. Schnell bepacken wir unsere Motorräder, die die Nacht über sicher im Eingang zum Küchenbereich geparkt waren und schon sind wir back on the Road.

 

Wir sind noch nicht lange unterwegs, da entdecken wir an einer Weggabelung einen kleinen Laden, der neben frischen Früchten und Eingemachtem auch Flaschen mit frisch gepresstem Maracuja-Saft anbietet. Die alte Dame die uns bedient zeigt uns geduldig all ihre Produkte und wir versuchen so gut es geht zu erfragen, was sie da für Köstlichkeiten anbietet. Zu unserer Überraschung erkennt die Dame an unserer Unterhaltung, dass wir aus Deutschland kommen und sofort winkt sie uns in ihren kleinen Laden und hinter den Tresen, denn dort hängen zwei alte, in Gold gerahmte Bilder. Das eine zeigt König Ludwig den II. samt Königsfamilie, das andere Queen Victoria, ebenfalls mit Familie. Die alte Dame ist augenscheinlich sehr stolz auf die beiden Bilder, denn als wir sie fragen, ob wir ein Bild von ihr und ihrem Laden machen dürfen, besteht sie darauf, dass wir unbedingt auch die beiden Bilder fotografieren! Die beiden Gemälde hängen dort im Übrigen nicht einfach so, denn die Dame erklärt uns, dass ihre Vorfahren aus Deutschland und aus England stammen und sie erscheint uns sichtlich stolz auf diese Tatsache zu sein. Am Ende kaufen wir ihr zusätzlich zu einer Flasche frisch gepressten Maracuja-Saft noch eine Packung mit Nüssen in Karamell ab, die sehr lecker, aber auch sehr süß ausschauen.

 

 

 

 

 

Unser heutiges Motto lautet Kilometer fressen und da die Landschaft entlang des gut ausgebauten, zweispurigen Highway ohnehin ziemlich langweilig ist, geben wir ordentlich Gas. Nur die ständigen Mautstationen nerven auf die Dauer. Wir müssen umgerechnet zwar immer nur zwischen 0,50 – 1,50 Euro pro Motorrad zahlen, doch wen wir zehnmal pro Tag an diesen Mautstationen stoppen müssen, dann läppert sich das zum einen auch, zum anderen kosten diese ständigen Stopps auch Zeit. Zu unserer großen Freude und Erleichterung hat der von uns angesteuerte Campingplatz an der Küste etwas nordöstlich von São Paulo tatsächlich offen. Zuerst springen wir schnell unter die Dusche, wobei Helmut heute definitiv mehr Glück hat als Bea, denn seine Dusche hat nicht nur Licht, sondern auch heißes Wasser. Die Damendusche hat hingegen nur kaltes Wasser und dank des viel zu kurz eingestellten Bewegungsmelders steht Bea komplett eingeseift plötzlich im Dunkeln. Na super… dann wird eben im Dunkeln weiter geduscht. Obwohl es erst halb 9 Uhr ist, verziehen wir uns bereits in unser Zelt, denn wir sind vom langen Fahrtag ziemlich geschafft und auch Morgen liegt ein weiterer langer und anstrengender Tag vor uns.

 

 

 

 

Bevor wir uns am nächsten Morgen endgültig auf die Straße werfen, parken wir die fertig gepackten Motorräder noch kurz vor der zum Campingplatz gehörenden Strandbar ab, um das dortige Internet zu nutzen und schnell unsere Emails zu checken sowie unsere Zimmerbuchung für Rio zu bestätigen.

 

Während Bea schnell die Computeraufgaben erledigt, kommt Helmut, der auf unsere Motorräder aufpasst, mit dem Besitzer der Bar und einem frühmorgendlichen Gast ins Reden. Die Konversation verläuft zwar eher mit Händen und Füßen und ein paar Brocken Spanisch, doch man versteht sich. Als wir dann endlich abfahrbereit sind, kommt Helmut auf den glorreichen Gedanken, er könnte mit seinem „Alperer“ doch eine kleine Runde auf dem herrlich breiten Sandstrand drehen. Obwohl ein großes „Keine Fahrzeuge auf dem Strand“-Schild neben dem Zugang zum Strand aufgestellt ist, hindert es Helmut natürlich nicht daran eine schnelle Runde dort zu drehen. Wer kann schon behaupten sein Bike mal an der brasilianischen Atlantik Küste, also direkt am Strand, bewegt zu haben. Und weil der Besitzer der Bar unsere Mopeds so toll findet, unterstützt er Helmut´s Strandausflug natürlich und schießt dann sogar noch fleißig Fotos von uns beiden. Oh man.

 

 


Der Bach ist zu einem stark strömenden, trüben braunen Strom angewachsen


 

 

Unsere heutige Strecke führt uns durch die Serra do Mar, einen gut 1.500 km langen, mit dichtem, grünem Regenwald bewachsenen Gebirgszug, der parallel zum Atlantik verläuft und so windet sich die Strecke herrlich kurvig durch die Berge und Täler. Der Mata Atlântica, auch atlantischer Regenwald genannt, ist allerdings derart dicht und hoch gewachsen, dass wir nur selten einen Ausblick auf die unzähligen kleinen Buchten und das Meer erhaschen können. Am Nachmittag geht die Fahrt weiter entlang der Costa Verde, der grünen Küste. Wir fahren vorbei an kleineren und größeren Ortschafen. Manche recht gepflegt und idyllisch gelegen, andere eher heruntergekommen und nicht besonders einladend. Es dämmert bereits, als wir einen Campingplatz gut eine Tagesfahrt südlich von Rio de Janeiro ansteuern. Nach einem schnellen Abendessen im Licht unserer Stirnlampen gehen wir schon früh schlafen, denn wir sind von den langen Tagesetappen ziemlich geschafft.

 

 

 

 

Bereits in der Nacht werden wir mehrmals von starken Regengüssen geweckt, die auf unser Zelt prasseln, aber zum Glück immer wieder abebben.Im Morgengrauen regnet es sich dann aber leider so richtig ein und so nützt unser Versuch, das Ganze ein wenig „auszuliegen“ und eine halbe Stunde länger liegen zu bleiben, nichts. Da wir auch heute gut 250 km entlang der Küstenstraße vor uns haben, müssen wir irgendwann raus aus dem Zelt. In weiser Voraussicht hat sich Bea bereits ihre wasserdichten Motorradstiefel, ihre Motorradhose und ihren Windbreaker samt Kapuze übergezogen, als sie aus dem Zelt kriecht, doch es schüttet dermaßen, dass sie bereits nach wenigen Minuten klitsch nass ist. Schnell räumt sie alle Zutaten, die sie für unser Frühstück braucht, aus den Koffern in die kleine, ziemlich schmuddelige Küche unseres heutigen Zeltplatzes. Dass sie während dieser Aktion ihren „Küchen-Koffer“ etwas unter Wasser setzt, lässt sich nicht vermeiden. Eigentlich wollte Helmut heute Früh zum Supermarkt laufen und frisches Brot, Wurst, Käse, Obst und Gemüse besorgen, doch in Anbetracht des heftigen Regens fällt sein Plan buchstäblich ins Wasser und so müssen wir uns mit einem ziemlich kargen Mahl, bestehend aus Kräckern, Gurken- und Tomatenscheiben und etwas Cocktailsauce als Aufstrich zufrieden geben.

 

 

 

 

Wir hoffen nach wie vor, dass der Regen irgendwann aufhört, doch die dunklen Regenwolken hängen tief in der kleinen Bucht und so geben wir uns irgendwann geschlagen und beginnen unser Zelt bei strömendem Regen auszuräumen und die Motorräder aufzupacken. Unser Zelt und die Unterplane sind heute nicht nur nass, sondern auch noch über und über von klebrig nassem Sand bedeckt, der sich perdu nicht abschütteln lässt. Erst als wir endlich in unsere Regenkombis gehüllt auf unseren Motorrädern sitzen und uns auf den Weg machen, sind wir zufrieden. Doch bereits nach wenigen Metern stehen wir vor einem kleinen Hindernis, denn der Bach, der gestern Abend noch in einem kleinen Rinnsal über die Straße lief, ist heute Morgen zu einem stark strömenden, trüben braunen Strom angewachsen und so sehen wir den felsigen und teilweise mit größeren Löchern übersäten Untergrund nicht mehr. Bea entschließt sich den Bach zu durchwaten und Helmut die beste Strecke zu weisen, während er beide Motorräder durch die überflutete Stelle fährt. Zum Glück klappt alles wunderbar und wir können uns endlich auf den Weg über den schmalen, kurvigen und teilweise recht steilen Weg zurück auf den Highway machen.

 

 


Der elektrische Duschkopf scheint so viel Energie zu ziehen, dass es für die Deckenbeleuchtung nicht mehr ausreicht


 

 

Wir fahren mehrere Stunden bei strömendem Regen dahin und die Sicht von der eigentlich ziemlich idyllisch verlaufenden Küstenstraße auf die unzähligen kleinen Buchten mit ihren weißen Sandstränden ist dank der tief hängenden Wolken gleich Null. Immer wieder setzt Starkregen ein, so dass wir nur noch mit 50 km/h dahin kriechen können, da wir die Straße kaum mehr sehen können. Nein, Petrus meint es heute echt nicht gut mit uns. Am Nachmittag machen wir im Schutz des Daches einer Tankstelle einen schnellen Kaffee-Stopp, bevor wir die letzten Meter bis zu einem Campingplatz etwa 40 km vor Rio de Janeiro in Angriff nehmen.

 

Wir hatten bereits gelesen, dass der Platz nicht besonders gepflegt sein soll, doch als wir dort ankommen sind wir wenig begeistert, denn „nicht besonders gepflegt“ ist noch eine milde Untertreibung des total herunter gekommenen Campingplatzes! Mal abgesehen von den halb vergammelten Caravans der Dauercamper hat der Platz nicht viel zu bieten, doch in Anbetracht der Wetterlage erscheint uns das Angebot der älteren Campingplatz Betreiberin, dass wir in einem alten Schuppen campen dürfen, doch ziemlich attraktiv. Als wir dann aber den absolut überzogenen Preis von 70 Real, umgerechnet 20 Euro, für dieses Drecksloch hören, sind wir fast geneigt wieder zu fahren… doch wohin!? Campingplätze sind in Brasilien generell nicht so zahlreich und auf Grund der Jahreszeit haben die wenigen Plätze die es gibt oft geschlossen. Einzige Alternative wären eine Pousada, eine einfache Unterkunft, doch nur weil die Unterkunft einfach ist, heißt das nicht, dass man sie deshalb auch zum kleinen Preis bekommt. Zimmerpreise ab 40 Euro aufwärts sind ganz normal und daher auch keine echte Alternative für uns. Zähneknirschen bezahlen wir der alten Dame, die im Übrigen wirklich herzlich und nett ist, ihre 70 Real und schlagen unser Zelt in dem kleinen Schuppen auf. Zumindest haben wir hier genug Platz um einige Wäscheleinen zu spannen und unsere nassen Sachen, angefangen bei den Regenkombis übers Zelt bis hin zu unseren Schlafsäcken und Isomatten aufzuhängen in der Hoffnung, dass sie zumindest ein wenig abtrocknen, bis wir ins Bett gehen.

 

 

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Während wir mit dem Aufbau unseres Nachtlagers beginnen, läuft die alte Dame davon, nur um kurz darauf in Begleitung einer jungen Frau wieder zu kommen, die uns zu unserer großen Überraschung akzentfrei Deutsch anspricht. Es stellt sich heraus, dass ihr Vater Deutscher ist und auch sie für einige Jahre in und um München gelebt hat, nun aber zurück nach Brasilien gekommen ist. Sie führt uns über den Platz und erzählt uns auch ein wenig über die Situation in Brasilien und die leider ziemlich heruntergekommene Gegend, in der sich der Campingplatz befindet. Als wir sie nach einem Supermarkt fragen und sie uns empfiehlt nicht hier in der Gegend nach einem zu suchen, da es für uns Gringos hier nicht sicher sei, sonder lieber auf der Hautstraße 10 Minuten bis ins Stadtzentrum zu fahren, ist uns schon ein wenig mulmig zumute. Wir sind nicht unbedingt scharf darauf direkt neben einer Favela zu campen, doch die junge Frau versichert uns, dass das kein Problem sei, solange wir nicht direkt in diese berüchtigten Viertel hinein marschieren. Na gut, dann wollen wir mal hoffen, dass wir einen ruhigen Abend auf dem Platz verbringen… Zu unserer Freude bringt uns die junge Frau später zwei Stück ofenfrischen, herrlich duftenden Kuchen vorbei. Mhm, lecker!

 

 

Brasilien - Weltreise - Motorrad - Worldtrip - Motorcycle - Heruntergekommener Campingplatz mit netten Besitzern und Gästen in Rio de Janeiro

 

 

Während Bea Abendessen kocht, lötet Helmut noch schnell einen Kabelbruch an der Reservetankleuchte der „Dicken Rosi“, danach widmet sich Bea ihrem Reisetagebuch, während Helmut der angeblich heißen Dusche einen Besuch abstattet. Als er zurück kommt, hat er allerdings eine haarsträubende, wenn auch ziemlich lustige Geschichte zu berichten. Im Sanitärbereich der Herren gibt es nämlich insgesamt sechs Duschkabinen, wobei nur eine davon in Betrieb ist. Das liegt daran, dass die anderen fünf Duschen entweder keine Duschköpfe mehr besitzen und/oder mit Müll voll geräumt sind. Dusche Nummer sechs besitzt einen der für Brasilien so typischen Heiz-Duschköpfe. Doch anders als sonst kommt das Stromkabel für den Duschkopf in diesem Fall nicht aus der Wand sondern ist quer über die Decke gespannt und endet an der Hauptleitung, die außen am Gebäude vorbei führt. Okay… so weit, so gut. Als Helmut jedoch die Dusche aufdreht und den Duschkopf auf „Heizen“ stellt, wird es plötzlich nahezu dunkel im Raum, denn die elektrische Heizung des Duschkopfes scheint so viel Energie zu ziehen, dass es für die Deckenbeleuchtung nicht mehr ausreicht! Vor die Wahl gestellt entweder kalt zu duschen und dafür Licht zu haben oder – mehr oder weniger – warm zu duschen und dafür im Dunkeln zu stehen entscheidet sich Helmut für Zweiteres.

 

 


 

 

Am Morgen ist es zwar immer noch bewölkt, doch es regnet zumindest nicht mehr. Nach einem schnellen Morgenkaffee machen wir uns auf den Weg in die Innenstadt von Rio de Janeiro, wo wir im Viertel Laranjeiras ein Zimmer in einem privaten Apartment gemietet haben. Über die Stadtautobahn fahren wir vorbei an Hochhauschluchten, an Favelas, die sich die Hänge der umliegenden Hügel hinauf drängen und wir können sogar einen kurzen Blick auf die Christo Statue erhaschen, die sich allerdings hinter den Regenwolken versteckt. Nach einigem Suchen haben wir unsere Unterkunft dann auch gefunden und zu unserer großen Erleichterung verfügt das mehrstöckige Gebäude tatsächlich über eine eigene kleine Tiefgarage, in der wir unsere Motorräder sicher parken können. In Rio eine bezahlbare Unterkunft samt sicherem Parkplatz für unsere Motorräder zu finden hatte Bea nämlich mehrere Tage intensiver Internetrecherche gekostet. Schnell machen wir es uns in unserem netten Zimmer gemütlich und beratschlagen, was wir in den zwei Tagen, die wir in der 6,3 Millionen Metropole zur Verfügung haben, alles besichtigen wollen.

 

 

 

 

Unsere Wahl für den heutigen Tag fällt auf den „Jardim Botânico“, den botanischen Garten und dann natürlich den weltberühmten Cristo Redentor, die Christus Statue, die mit ihren schützend ausgebreiteten Händen auf einem Gipfel über den Dächern von Rio thront. Helmut schraubt aus Sicherheitsgründen die Koffer und auch alles weitere, was nicht niet- und nagelfest ist, von seinem Motorrad ab und dann machen wir uns zusammen auf einem Motorrad auf den Weg zum botanischen Garten. Kaum haben wir den Stadthighway verlassen, stecken wir auch schon im brasilianischen Verkehrschaos fest und so dauert es eine ganze Weile, bis wir die wenigen Kilometer bis zu der im Süden der Stadt gelegenen Anlage zurückgelegt haben.

 

 


Zuviele Geschichten über Raubüberfälle und Diebstähle in Rio de Janeiro


 

 

Zu allem Überfluss hält uns dann auch noch die Polizei auf, doch zum Glück will der Beamte nur unsere Papiere sehen und lässt uns nach kurzer Durchsicht von Internationalem Führerschein sowie Fahrzeugschein wieder fahren. Wir bezahlen je 9 Real Eintritt und schon stehen wir im 140 Hektar großen „Jardim Botânico“, einer exotisch grünen Oase inmitten der Hochhäuserschluchten von Rio de Janeiro. Die Gartenanlage wurde 1808 von Johann VI. Prinzregenten von Portugal gegründet und beherbergt circa 6.500 teilweise vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten. Auf schön angelegten Wegen schlendern wir durch einen Wald aus Palmen, hochgewachsenen Bambushainen und fast uhrzeitlich anmutenden alten, knorrig verwundenen Bäumen, als wir ein Rascheln und Klopfen vor uns hören und plötzlich erspähen wir dutzende kleiner Affen auf den Bäumen und auch entlang des Wegesrands.

 

 

 

 

Viele von ihnen haben Nüsse in den Händen und versuchen diese durch mehrmaliges Klopfen gegen die steinerne Einfassung des Gehwegs aufzubrechen. Solange man sich den Tieren nicht zu sehr nähert, zeigen sie keine Scheu und so können wir die Affen minutenlang dabei beobachten, wie sie sich den Weg durch die harte Schale zum essbaren Kern ihrer „Beute“ bahnen. Wow! Weiter geht es vorbei an einer Allee mit scheinbar rindenlosen Bäumen und so können wir es uns nicht verkneifen die Stämme der hohen Bäume einmal anzufassen und tatsächlich, sie sind absolut glatt, fast wie poliert. Ein Teil des botanischen Gartens ist den unterschiedlichsten Kakteenarten gewidmet und während wir durch den Steingarten schlendern, entdecken wir viele unglaublich geformte und gewundene Kakteenarten, die wir noch nie in unserem Leben gesehen haben. Sehr beeindruckend!

 

 

 

 

Unser Rückweg führt an steinernen, moosüberzogenen alten Gemäuern vorbei bis zu einem über und über mit Efeu und anderen immergrünen Kletterpflanzen bewachsenen Pavillon, in dessen Hintergrund sich die Christo Statue, die sich nun endlich aus den noch immer tief hängenden Wolken befreit hat, in den Himmel erhebt. Wir sind absolut begeistert von dieser unerwarteten Perspektive!

 

Zurück am Motorrad stärken wir uns erst einmal mit zwei Sandwichen, bevor es zurück in unser Stadtviertel geht. Am nur wenige Minuten von unserer Unterkunft entfernten Supermarkt legen wir einen kurzen Stopp ein, um uns mit frischen Lebensmitteln für den Abend sowie den Zutaten für Brasiliens Nationalgetränk „Caipirinha“ einzudecken. Letzteres ist allerdings gar nicht so einfach, denn wir können zuerst keinen braunen Zucker finden und auch die Wahl des richtigen Cachaça ist in Anbetracht der Auswahl nicht so einfach und so fragen wir kurzerhand einen der Mitarbeiter, der uns erklärt, dass in Brasilien klassischerweise weißer Cachaça zur Zubereitung von Caipirinha benutzt wird.

 

Danach geht es über zahlreiche steile Kehren eine schmale, mit holperigem Kopfsteinpflaster gepflasterte Straße den 710 m hohen Corcovado hinauf. Etwa auf halber Strecke des mit dichten Tijuca-Wälder bewachsenen Berges stoppen wir an einem Aussichtspunkt, von dem aus man einen tollen Ausblick über Rio´s Hochhausschluchten, die unzähligen Buchten mit den vielen kleinen Seegelschiffen, die sanften, grün bewaldeten Hügel und natürlich den weltberühmten Zuckerhut hat.

 

 

 

 

Auch die vielen berühmt-berüchtigten Favelas, die sich bunt und leicht chaotisch die Hänge der Großstadt hinauf drängen und das gigantische, im Norden der Stadt gelegene Fußballstation sind von hier aus zu sehen. Und auch wenn sie sich nach wie vor etwas wolkenverhangen zeigt, so ist die berühmte Christus Statue von hier schon deutlich größer zu sehen als vom Stadtzentrum aus. Wer hätte gedacht, dass wir einmal mit unseren eigenen Motorrädern am Fuße des weltberühmten Cristo Redentor stehen und über die Dächer von Rio de Janeiro blicken… einfach nur WOW!

 

Obwohl die Statue immer wieder in den Wolken verschwindet, wollen wir unser Glück versuchen und fahren mit dem Motorrad weiter bis zu einem Parkplatz etwa 150 Meter unterhalb der Statue. Dort müssen wir 24 Reales pro Person Eintritt berappen und werden dann mit einem Minivan die letzten kurvigen Meter nach oben gebracht. Als wir aus dem Minivan aussteigen, müssen wir leider feststellen, dass wir uns nun mitten in einer dicken grauen Wolke befinden und von den Ausläufern Rio´s zu unseren Füßen nichts mehr sehen können. Auch die 30 m hohe Statue, die nun mit ihren ausgebreiteten Armen direkt über uns thront, verschwindet immer wieder in den Wolken und ist kaum zu sehen. So ein Mist! Da wir heute keinen weiteren Sightseeing-Punkt auf unserer To-Do-Liste haben, beschließen wir zu bleiben und einfach abzuwarten, in der Hoffnung, dass sich die gigantische Stahlbeton-Statue aus dem Jahr 1931 doch noch zeigt und die Wolken vielleicht auch den Blick auf die Stadt unter uns frei geben. Über zwei Stunden harren wir in der feucht-kalten Luft aus und es dämmert bereits, als wir unsere Hoffnung, die Statue doch noch einmal komplett ohne Wolken und Nebel zu Gesicht zu bekommen, endgültig aufgeben. Es hat eben nicht sollen sein… wie schade.

 

 

 

 

Bis wir mit dem Minivan wieder bei unserem Motorrad sind, ist es bereits stockfinster, doch wir wollen noch einmal zu dem Aussichtspunkt auf halber Strecke fahren, um eventuell von dort aus noch Nachtaufnahmen der Stadt zu machen.

 

Als wir auf den unbeleuchteten Parkplatz des Aussichtspunktes biegen, stehen dort noch zwei Fahrzeuge, doch vor allem Bea ist es bei dem Gedanken, hier im Stockfinstern und mehr oder weniger Mutterseelen alleine herum zu geistern nicht sehr wohl, haben wir doch so viele Geschichten über Raubüberfälle und Diebstähle in Rio gehört. So kommt es, dass Bea ihren Pfefferspray, den sie heute ausnahmsweise dabei hat, fest umklammert hält, während wir die ebenfalls unbeleuchteten Treppen zum Aussichtspunkt hoch huschen. Oben angekommen treffen wir ein brasilianisches Pärchen an, das sich dort wohl für ein romantisches Date getroffen hat. Nun gut, dass beruhigt uns ein wenig.

 

Und dann ist es endlich soweit: das nächtliche Rio breitet sich direkt zu unseren Füßen aus! Hell beleuchtete Gebäude, hunderte von Segelschiffen und Großtankern, die an der Küste vor Anker liegen und Millionen von Fahrzeuglichtern, die sich wie blinkende, sich windende Schlangen durch die Häuserschluchten drängen und die dicht bewaldeten Hügel der Stadt überziehen. Wow, Gänsehaut-Feeling pur!

 

 

Brasilien - Weltreise - Motorrad - Worldtrip - Motorcycle - Rio de Janeiro - Blick von einem Aussichtspunkt nähe der Christus Statue auf Rio und den Zuckerhut bei Nacht. Wenige Städte liegen landschaftlich so beeindruckend.

 

 

Doch allzu lange wollen wir uns trotz des atemberaubenden Ausblicks nicht hier oben aufhalten, denn so ganz geheuer ist uns dann doch nicht zumute. Schnell stellen wir unser Stativ auf und schießen einige Fotos, bevor wir in Windeseile zu unserem Motorrad zurückkehren und uns auf den Rückweg in unsere Unterkunft machen. Dort angekommen, müssen wir die vielen tollen Eindrücke des heutigen Tages erst einmal verarbeiten und wie sollte das besser gehen als mit einem frisch zubereiteten Caipirinha mit original brasilianischem Cachaça? Cachaça wird im Übrigen aus frisch geerntetem Zuckerrohr hergestellt und auch nur in Brasilien hergestellter Zuckerrohrschnaps darf sich auch Cachaça nennen.

 

 

 

 

Da wir aber nicht nur typisch brasilianischen Alkohol testen wollen, sondern uns auch in der landestypischen Küche versuchen möchten, gibt es heute Abend Maniok-Wurzel und Chuchu Gemüse. Kennt ihr nicht? Macht nichts, wir kannten diese beiden typisch südamerikanischen Gemüsesorten bis vor kurzem auch nur vom Hörensagen und da Bea keine Erfahrung mit der Zubereitung dieses für uns so exotischen Gemüses hat, beschließt sie einfach eine Art Wurzelgemüse-Eintopf daraus zu machen. Der Geschmack des gekochten Maniok erinnert uns ein wenig an Kartoffeln, die Konsistenz ist jedoch wesentlich „klebriger“, was am hohen Stärkegehalt der Knolle liegt. Das – oder der!? – Chuchu erinnert uns geschmacklich an eine Mischung aus Kohlrabi und Gurke. Unser Lieblingsgemüse werden diese beiden Sorten zwar nicht werden, aber es war zumindest interessant es mal auszuprobieren!

 

 

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Kommentare: 3
  • #3

    Tom/Oggy (Montag, 07 September 2015 14:26)

    Servus es zwoa,

    jetzt war ich ja schon länger nicht mehr auf eurer Seite. Schande über mein Haupt. Aber so kann ich immerhin zwei Berichte auf einmal lesen. \o/

    Wie immer echt super geschrieben. Das Nachbild von Rio, ...

    Und jetzt aber flott weiter zu Südamerika 27. Bin schon gespannt was euch als nächstes alles widerfahren ist.

    Gruss aus R,
    Tom

  • #2

    Peter Gerhardinger (Montag, 10 August 2015 17:01)

    Servus Ihr Beiden,
    wieder mal grandios, qualitativ hochwertig, authentisch und informativ beschrieben. Immer wenn ein aktueller Bericht von Euch erscheint, ist es jedesmal für mich eine helle Freude und Glück.
    Danke, dass Ihr Euch so viel Mühe macht und uns (noch) Daheimgebliebenen mit so vielen Reiseeindrücken versorgt.
    Lange wird es nicht mehr dauern, bis ich mir die entsprechende Reisemaschine aufgebaut habe, "Deutschland GmbH" verlasse und mich über die Weißrussland-Route nach Nowosibirsk an den Ob in die südliche sibirische Taiga aufmache. Das ist schon ein langer Traum, den ich mir erfüllen möchte.
    Viel Kraft, Liebe und Glück auf Eurer weiteren "Lebensreise" sendet Euch
    Peter, der mit dem Bike "grätscht" aus Eurem Nachbarlandkreis im "Niederbauerischen"

  • #1

    Armin (Montag, 10 August 2015 13:22)

    Ihr Lieben,

    ein sehr schöner Bericht; ich hab das Gefühl, dabei zu sein. Rio mal von einer ganz anderen Seite, als ich sie aus den Medien her kenne. Und euer Tagesablauf, so wie er halt ist, mit allem was dazu gehört - das macht für mich den Reiz aus, euch zu folgen. Außerdem finde ich euch beide sehr authentisch, fast roh (im positiven Sinne), als würde man euch schon lange kennen. Dafür und für eure Arbeit, die ihr euch macht, meinen herzlichen Dank.

    Herzliche Grüße aus dem Schwarzwald & und eine gesunde Weiterreise

    Armin

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